Der Mythos vom "richtigen Stuhl"

Im alten Ägypten, d.h. vor fast 5.000 Jahren, wurde bereits auf Stühlen gesessen. Weitverbreitet wurde zwar Buchführung auf dem Boden sitzend praktiziert. Der Stuhl galt allerdings als mächtiges Symbol, um den gesellschaftlichen Status einer Person zu verdeutlichen und wurde als eine Weiterentwicklung vom Bodensitzen gesehen. Im Gegensatz zu Bänken und Betten würdigten sie das Individuum und kommunizierten, dass der Nutzer es verdiente sich anzulehnen/sich zu entspannen. Das unangelehnte aufrechte Sitzen (z.B. Pharaoh und Buddah), in welchem die Wirbelsäule sich selbst gerade hält, diente als Ausdruck für Spiritualität, dem Verbundensein mit höheren Mächten.

 

Nach den Römern verwarfen die Germanen und Westgoten die römischen Möbel und Sitten und hockten stattdessen bis ins Mittelalter auf dem nacktem Boden, auf Kissen oder saßen auf improvisierten Kisten, Fässern oder zum Essen auf Bänken und dreifüßigen Hockern. Selbst die Wohlhabenden besaßen kaum Möbel bedingt durch den mobilen Lebensstil (politische Unsicherheit im Feudalismus, reisende Feudalherren). Daher waren Möbel entweder schwer, in die Wand mit eingebaut um Diebstahl zu vermeiden, oder zusammenklappbar (The Story of Western Furniture, P.B.Oates, 1981). Es gab Hocker, aber selbst in reichen Haushalten kaum Stühle und wenn dann nur für das Familienoberhaupt - Chairman - der Mann der führt und im Stuhl sitzt. In der Kirche bekam er eine wichtige Bedeutung um Hierarchie zu vermitteln. Im Mittelalter waren Stühle Ausdruck von Macht und Autorität: fest und gerade, in denen man aufrecht in beruflicher Funktion saß und nicht zur Entspannung.


Im 15 Jhd., als stabilere politische Verhältnisse und Wohlstand (zentralisiertere/r Handel und Regierung) einkehrten, verwandelten sich auch die Möbel. Diese mussten nun nicht mehr so oft fest installiert und zusammenklappbar sein und selbst Stühle wurden nun in Serien hergestellt und verloren ihren ehrenwerten Status - wurden herkömmlicher.

 

Im 16./17. Jhd. wurden Stühle dekorativer, wurden stilistisch der Mode angepasst mit blumigen Schnörkeln, Schnitzerein und kolonialen Symbolen/Einflüssen. In reicheren Haushalten kamen gepolsterte Sessel und Stühle mit Armlehnen auf. Der Adel benötigte Stühle zum Geselligsein. Nun wurden Stühle leichter/beweglicher während die Tische schwerer wurden und es gab extra Stuhldesign für Frauen, um auf ihren Kleidungsstil Rücksicht zu nehmen. Im Barock wurden alle Möbel pompös und üppig, Prunk und Komfort (gefederte Bepolsterung) standen im Zentrum.1
Die Stuhlentwicklung bis in die heutige Zeit folgt hier.


 Quelle:

 

1 Cranz, G.. The Chair: Rethinking Culture, Body, and Design. New York: Norton & Company, 2000.

Büro Sitzkissen mit dynamischer Sitzkeil-Funktion hier im Shop